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Was ist TikTok?

Immer häufiger sieht man Jugendliche, die in der Öffentlichkeit für etwa 15 Sekunden wild mit den Armen herumfuchteln und dabei fröhlich ein Lied singen. Die Ursache dafür ist die Video-App TikTok, in der Tänze und weitere kreative Inhalte die vornehmlich junge Nutzerschar begeistern. Doch sollten vor allem Eltern die Kinder bei der Nutzung der App an die Hand nehmen, um den Nachwuchs vor möglichen Risiken zu schützen.

TikTok ist eine Kreativ-Video-App des chinesischen Entwickers ByteDance. Die App startete 2016, 2018 wurde sie von ByteDance nach dem Erwerb mit dem vom Prinzip ähnlichen Dienst Musical.ly verschmolzen, der zum damaligen Zeitpunkt vor allem in den USA bereits recht erfolgreich lief. Die bestehenden Musical.ly-Nutzerkonten wurden in TikTok-Konten transformiert. In China wird TikTok unter dem Namen Douyin angeboten. In der rund 60 Megabyte großen App stehen allerlei Video-, Soundeffekt-, Grafik- und Musikschnipsel zur Verfügung, mit denen eigene Videos produziert werden können. Mit einem aktiven Nutzeraccount können diese Videos dann auch mit der internationalen Community geteilt werden.

Was ist die Zielgruppe von TikTok und was sind die Inhalte?

Die App richtet sich vor allem an Teenager, aber auch Kinder können sie unter Einschränkungen nutzen. Inhalte stammen oft aus dem Tanzbereich, auch lippensynchrone Videos oder Challenges stellen äußerst beliebte Inhalte dar. Vergleichbare Apps waren Vine oder Dubsmash. Die Kurzfilme können geliked, geteilt und kommentiert werden. Eine der erfolgreichsten TikTok-Challenges war die sogenannte „Tumbleweed“-Challenge der US-Latenightshow „The Tonight Show“ mit Jimmy Fallon, die über 8000 eingereichte Videos mit 10,4 Millionen Zugriffen generierte.

Wie funktioniert TikTok, und was sollten Eltern beachten?

Nach der Installation kann zu Beginn in der App mindestens ein Interessensgebiet ausgewählt werden, um personalisierte Videoempfehlungen zu erhalten. Dies ist rein freiwillig. Auch muss kein Konto angelegt werden, um die diversen Inhalte der weltweit aktiven Nutzerschaft zu sehen, was vor allem Eltern jüngerer Kinder begrüßen dürften. Ein Wisch nach oben lädt das nächste Video, ein Swipe nach rechts lädt das Profil des gerade angezeigten Nutzers. Das Profil beinhaltet Funktionen zum Teilen, alle bislang produzierten Kurzfilme, die Möglichkeit zum Folgen und weitere soziale Netzwerke des Users, sofern vorhanden.

Beim Video selbst wird das verwendete Musik-Sample und – sofern der Fall – der Filter angezeigt, außerdem kann das Video direkt geteilt, kommentiert und geliked werden.

Wie produziert man selbst einen Clip?

Wenn man selbst ein Video produzieren möchte, müssen der App die Freigaben für Kamera und Mikrofon sowie der Zugriff auf die eigenen Dateien erteilt werden. Die Videos sind in der Regel 15, selten 60 Sekunden lang, es kann noch eine Bildergalerie mit bis zu acht Fotos produziert werden.

Wird im Aufnahmescreen nach rechts gewischt, werden Farbfilter über den Bildschirm gelegt; diese können auch über ein Showreel ausgewählt werden. Zudem gibt es diverse Effekte, beispielsweise Schwarzweiß- oder Rütteleffekte, Sticker, einen Schönheitsmodus sowie die Möglichkeit, die Aufnahmegeschwindigkeit zu verändern und die Kamera zu wechseln.

Die Musik wird in einem eigenen Fenster ausgewählt. Es gibt diverse Kategorien, dazu eigene Länder-Charts. Die Soundschnipsel sind verschieden lang, oft 15 oder 30 Sekunden, selten eine Minute oder länger. Aus diesem Baukasten können eigene Videos produziert werden. Gespeichert werden können die Videos nur mit einem Profil. Ohne ein solches gehen die Videos verloren, außer sie werden mit einem Screengrabber mitgeschnitten. Die Musikstücke sind dabei allesamt lizenziert. Es besteht also nicht die Gefahr, aufgrund von Verletzungen des Urheberrechts von Rechteinhabern wie Künstlern, Verwertungsgesellschaften wie der GEMA oder Plattenfirmen verklagt zu werden.

Wie funktioniert das Anlegen des Profils?

Das Profil kann mit E-Mail oder Telefonnummer, oder aber mittels Facebook- oder Google-Account angelegt werden. Es gibt drei unterschiedliche Kontoarten, ein normales Konto, ein privates oder ein Pro-Konto, mit dem Auswertungen und Analysen zur Verfügung stehen, was vor allem für Influencer nützlich sein dürfte.

Im Profil selbst können Instagram und Youtube-Profile angegeben werden, was vor allem reichweitenstarke Content-Ersteller wie Falco Punch, Enya Wandres oder Anna Catify ausgiebig nutzen dürften, um ihre Followerzahl plattformübergreifend zu erhöhen und gleichzeitig Cross-Promotion für die geposteten Inhalte zu erzielen. Außerdem wird nach Anlegen des Profils das Messenger-System freigeschaltet, das jedoch aus Schutzgründen ein paar Hürden hat. So müssen sich beide Nutzer gegenseitig folgen, damit Nachrichten geschickt werden können, und miteinander befreundet sein.

Privates TikTok-Profil als Schutzmaßnahme für Kinder

Bereits bei der Registrierung können Eltern für den Nachwuchs festlegen, dass es sich bei dem Konto um ein privates Konto handelt, bei dem nur vom jeweiligen Anwender genehmigte Nutzer folgen und Videos und Likes anschauen können. Gefolgt werden kann privaten Profilen allerdings nur, wenn der Profilinhaber zustimmt. Informationen wie das Profilfoto, der Nutzername und die Biografie (eine Art Steckbrief) sind allerdings auch bei privaten Profilen sichtbar. Außerdem können weitere Sicherheitseinstellungen vorgenommen werden, damit den Kindern keine Gefahr durch Groomer droht. Dazu müssen in den Einstellungen noch ein paar Schritte vorgenommen werden. Eltern sollten generell ihren Kindern erklären, dass Anfragen von fremden Nutzern stets abgelehnt werden sollten.

 „Digital Wellbeing“ – Optionen für Eltern zum Schutz für Kinder und Jugendliche

Ein wichtiger Menüpunkt zum Schutz von vor allem minderjährigen Nutzern ist „Digital Wellbeing“ im Bereich Allgemein der Einstellungen. Es stehen drei Einstellungsmöglichkeiten zur Auswahl. Am wichtigsten dürfte der Punkt „Begleiteter Modus“ sein. Es kann festgelegt werden, wie lange das Kind Videos ansehen darf, welche Inhalte ausgeschlossen werden und wer dem Nachwuchs Nachrichten senden darf. Damit der Modus aktiviert wird, müssen sowohl das Elternteil als auch das Kind über ein TikTok-Konto verfügen. Nach dem Scannen des QR-Codes können die Einstellungen vorgenommen werden. Ein weiterer wichtiger Punkt für den Jugendschutz ist der „Eingeschränkte Modus“. Hier sorgt der Entwickler ByteDance dafür, dass möglicherweise nicht angemessene Inhalte nicht dargestellt werden. Begrüßen dürften viele Eltern auch den Punkt „Bildschirmzeit-Management“. Vier Voreinstellungen stehen zur Verfügung: 40, 60, 90 oder 120 Minuten. Ist die gewährte Zeit abgelaufen, muss ein Passcode eingegeben werden, sollte die erlaubte Nutzungsdauer verlängert werden.

Weitere Datenschutzeinstellungen im Detail

Eine weitere wichtige Datenschutzeinstellung ist die Möglichkeit, das Konto nicht anderen TikTok-Usern vorzuschlagen. Unter dem Punkt Sicherheit kann in den Einstellungen festgelegt werden, wer die Videos kommentieren kann, wer auf die Videos reagieren kann und wer mit den Videos ein Duett durchführen kann. Hier stehen die Auswahloptionen Alle, Freunde oder Niemand zur Verfügung. Für das Duett benötigen beide Teilnehmer ein eigenes TikTok-Profil. Für Eltern und Kinder dürfte dieser Punkt ein lustiger gemeinsamer Zeitvertreib in der digitalen Welt sein.

Weniger Optionen gibt es bei den Einstellungen, wer Direktnachrichten senden kann oder wer die Videos sehen kann, die dem Nutzer gefallen. Direktnachrichten können nur Freunde oder niemand senden, und auch bei den gelikten Videos kann entweder „Alle“ oder „Nur ich“ ausgewählt werden. In der Sektion „Kommentarfilter“ können Spam und beleidigende Kommentare gefiltert werden, was eine Künstliche Intelligenz des Entwicklers ByteDance übernimmt. Das Geschäft mit der Künstlichen Intelligenz gilt als Kerngeschäft der chinesischen Firma, sie gilt als führend auf dem Gebiet. Berichten zufolge könnte eine Künstliche Intelligenz auch bei einem möglichen neuen TikTok-Feature zum Einsatz kommen, dass wie bei Deepfakes die biometrischen Daten des Nutzers erfasst und somit das Gesicht in ein bestehendes Video einsetzt.

Manuell hingegen können Schlüsselwörter zur Filterung eingegeben werden, was vor allem Eltern zu Jugendschutzgründen vornehmen können. Kontosperrungen von anderen TikTok-Nutzern können ebenfalls durchgeführt werden. Wer möchte, kann sich sämtliche von der App erfassten Daten herunterladen. Das Paket beinhaltet Profilinformationen, alle Aktivitäten und die Einstellungen der App. Nach Angaben des Herstellers kann es bis zu einem Monat dauern, bis sämtliche Daten erfasst und als Download zur Verfügung gestellt werden können.

Obwohl es viele Möglichkeiten gibt, für Sicherheit der Kinder bei der Nutzung der App zu sorgen, sollten Eltern ein wachsames Auge haben: Die oben genannten Jugendschutzeinstellungen können von Teenagern und Kindern leicht umgangen werden, wenn beim Anlegen des Nutzerprofils ein falsches Geburtsjahr angegeben wird. Dementsprechend sollten Eltern beim Installieren der App und der Eröffnung des Accounts dabei sein, um gleich von Anfang an die entsprechenden Schutzmaßnahmen aktivieren zu können. Ab 30. April 2020 ist der Versand von Direktnachrichten nur noch Nutzern erlaubt, die mindestens 16 Jahre alt sind. Diese Maßnahme soll eine mögliche Belästigung Minderjähriger unterbinden.

Verbotene Inhalte

Der Fokus der App liegt in erster Linie auf jugendgerechter Unterhaltung. Verboten sind auf TikTok dementsprechend Inhalte sexueller oder pornografischer Natur, auch religiöse Inhalte sind nur bedingt auf der Plattform geduldet. Nichtsdestotrotz finden sich Inhalte, die nur bedingt kindgerecht sind, etwa angedeutete Nacktheit oder aufreizende Tänze. Unangemessene Beiträge können gemeldet werden, nach Angaben des Herstellers wird die App 24 Stunden am Tag moderiert und überwacht. Unfehlbar sei das System jedoch nicht. Auch können User, deren Account gelöscht wird, sich ohne Schwierigkeit einen neuen anlegen. Aufgrund der strikten chinesischen Politik gibt es auch keine politischen Themen in der App, sofern sie nicht im Sinne der chinesischen Regierung sind. Weitere Tabuthemen sind Alkoholkonsum oder Homosexualität.

Bußgelder in Millionenhöhe

In der Vergangenheit wurde Entwickler ByteDance in den USA zur Zahlung eines millionenschweren Bußgelds wegen Verstößen gegen Datenschutzbestimmungen und mangelndem Jugendschutz verurteilt. Im Dezember 2019 erhoben zwei weitere Eltern Anklage gegen Datenschutzbestimmungen. Auch in Europa wird die App von Jugend- und Datenschützern beobachtet. Im Februar 2019 musste ByteDance 5,7 Millionen US-Dollar Strafe bezahlen, da die von TikTok aufgekaufte App Musical.ly illegalerweise die Daten von Nutzern sammelte, die unter 13 Jahren alt waren. Daten wie Namen, E-Mail- und IP-Adressen, Kontakte und Fotos wurden an Werbetreibende verkauft. Musical.ly war berühmt-berüchtigt, da sie von Pädophilen und Cyber-Groomern genutzt wurde, um Kontakt zu der meist minderjährigen Nutzerschar herzustellen.

So verdient TikTok Geld

Monetarisiert wird die App unter anderem mittels des Verkaufs von TikTok-Münzen. Die billigste Version beinhaltet 70 Münzen, sie kosten 1,09 Euro. 350 Münzen schlagen mit 5,49 Euro zu Buche, für 1400 Münzen verlangt ByteDance 20,99 Euro. Die beiden teuersten Varianten sind 3500 Münzen für 54,99 Euro und 7000 Münzen für 104,99 Euro. Laut den Nutzungsbedingungen dürfen nur volljährige TikTokler Echtgeld in der App ausgeben, minderjährige Nutzer ab 16 Jahren benötigen dafür die Erlaubnis der Eltern. Nutzer, die jünger als 16 sind, sehen diese Option nicht in den Einstellungen. Nach einem Klick auf den Betrag wird das Bestätigungsfenster von Google Play oder dem Apple App Store geladen, eine weitere Sicherheitsmaßnahme gibt es nicht. Die Münzen können anderen TikTok-Nutzern in Form von Geschenken als Zeichen des Danks oder der Wertschätzung gespendet werden. Geld verdienen können Anbieter von Inhalten mit Diamanten, die in einer nicht bekannten Konversionsrate in echtes Geld umgewandelt werden können. Diamanten basieren auf Geschenken, die ein Content-Creator erhält. Der Entwickler ByteDance legt fest, wie viele Diamanten ein TikTokler für Geschenke erhält. Gekauft werden können Diamanten nicht, auch nicht in Geschenke zurückgetauscht werden. Einen Teil des Betrags behält der Entwickler ByteDance ein. Es gibt tägliche Limits für Einwechselbeträge. Anbieter von Inhalten müssen ihre Identität bestätigen, um an dem Programm teilnehmen zu können. Dafür verlangt der Entwickler möglicherweise eine Fotokopie des Personalausweises. Auch muss der Name des Anbieters von Inhalten mit dem Paypal-Konto oder einem anderen akzeptierten Zahlungsmittel übereinstimmen. Eine weitere Einnahmequelle ist seit Herbst 2019 Werbung, die im Feed ausgespielt wird. Die Anzeigen werden wie in anderen sozialen Netzwerken als „Sponsored“ markiert.

Fazit

So unterhaltsam und kurzweilig TikTok sich auf den ersten Blick gibt, sollten Eltern von Anfang an mit ihren Kindern über die App sprechen und über die möglichen Gefahren aufklären. Ohne die entsprechenden Einstellungen stellt TikTok ein nicht zu unterschätzendes Risiko für den Nachwuchs dar. Und auch auf technischer Seite könnte angesichts der angeblichen Datensammelwut ein Unwohlgefühl bei den Eltern auftreten, denn der Entwickler Bytedance sammelt laut einer Klageschrift im Geheimen die Telefonkontakte seiner Anwender, E-Mail-Adressen, IP-Adressen und den Standort. Angeblich werden auch nach dem Schließen der App biometrische Daten nach China transferiert. Wer das nicht möchte, sollte von einer Nutzung der App absehen.

Welche Sicherheitslösungen bieten Online-Schutz für Kinder?

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