Von Mitte Januar bis Mitte November 2021 beobachteten Kaspersky-Experten eine neue Malware, die mehr als 35.000 Computer in 195 Ländern befallen hat [1]. Die Malware ‚PseudoManuscrypt‘ weist Ähnlichkeiten zur ‚Manuscrypt‘-Malware der Advanced Persistent Threat (APT)-Gruppe Lazarus auf. Sie verfügt über fortschrittliche Spionagefunktionen und wurde bisher bei Angriffen auf Regierungsorganisationen und industrielle Kontrollsysteme (ICS) entdeckt.
Industrieunternehmen gehören zu den begehrtesten Zielen von Cyberkriminellen – sowohl aus finanziellen Gründen als auch weil sie viele Informationen zu bieten haben. So zeigten dieses Jahr APT-Gruppen wie Lazarus und APT41 [2] reges Interesse an Industrieunternehmen. Bei der Untersuchung einer Reihe von Angriffen fanden die Experten von Kaspersky eine neue Malware, die gewisse Ähnlichkeiten mit der Malware Manuscrypt von Lazarus aufweist, die im Rahmen der ThreatNeedle-Kampagne [3] dieser Gruppe gegen die Verteidigungsindustrie eingesetzt wurde. Der Name PseudoManuscrypt basiert deshalb auf der Ähnlichkeit der beiden Kampagnen.
PseudoManuscrypt wird zunächst über gefälschte Installationsarchive für raubkopierte Software auf die Systeme der Zielpersonen heruntergeladen, von denen einige für ICS-spezifische Raubkopien bestimmt sind. Diese gefälschten Installationsprogramme werden wohl über eine Malware-as-a-Service-Plattform (MaaS) angeboten, allerdings wurde in einigen Fällen PseudoManuscrypt auch über das berüchtigte Glupteba-Botnet [4] installiert. Nach der Erstinfektion folgt eine komplizierte Infektionskette, über die vermutlich dann das schädliche Hauptmodul heruntergeladen wird.
Die Kaspersky-Experten konnten zwei Varianten dieses Moduls identifizieren, die beide über fortschrittliche Spyware-Funktionen verfügen – einschließlich der Protokollierung von Tastatureingaben, dem Kopieren von Daten aus der Zwischenablage, dem Diebstahl von VPN- (und möglicherweise RDP-) Authentifizierungs- und Verbindungsdaten sowie dem Kopieren von Screenshots.
Kaspersky-Produkte blockierten PseudoManuscrypt zwischen dem 20. Januar und dem 10. November 2021 auf mehr als 35.000 Computern in 195 Ländern. Viele der Ziele waren Industrie- und Regierungsorganisationen, einschließlich militärisch-industrieller Unternehmen und Forschungslabors. 7,2 Prozent der angegriffenen Computer waren Teil industrieller Kontrollsysteme (ICS), wobei die Branchen Maschinenbau und Gebäudeautomatisierung am stärksten betroffenen waren. 1,6 Prozent der kompromittierten ICS-Computer und 2,2 Prozent der befallenen sonstigen Rechner befanden sich in Deutschland. Die Angriffe zeigen keine Präferenz für bestimmte Branchen, doch die große Zahl der betroffenen technischen Computer, darunter Systeme, die für 3D- und physische Modellierung und digitale Zwillinge verwendet werden, lässt vermuten, dass Industriespionage ein Ziel sein könnte.
Seltsam ist, dass einige der Betroffenen Verbindungen zu den Betroffenen der Lazarus-Kampagne haben, über die Kasperskys ICS CERT bereits berichtet hat [5]. Die Daten werden über ein seltenes Protokoll, das eine Bibliothek verwendet, die bisher nur bei der Malware von APT41 zum Einsatz kam, an den Server der Angreifer gesendet. Angesichts der großen Zahl an Betroffenen und dem Fehlen eines eindeutigen Fokus bringt Kaspersky die Kampagne jedoch nicht mit Lazarus oder einem anderen bekannten APT-Bedrohungsakteur in Verbindung.
„Dies ist eine sehr ungewöhnliche Kampagne; wir sind noch dabei, die verschiedenen Informationen, die wir haben, zusammenzusetzen“, kommentiert Vyacheslav Kopeytsev, Sicherheitsexperte bei Kaspersky. „Eines ist jedoch klar: Es handelt sich um eine Bedrohung, die von Spezialisten aufmerksam beobachtet werden muss. Der Akteur hat sich Zugang zu Tausenden von ICS-Computern verschaffen können, darunter auch zu vielen hochrangigen Organisationen. Wir werden unsere Untersuchungen fortsetzen und die Sicherheitsgemeinschaft über alle neuen Erkenntnisse auf dem Laufenden halten.“
Kaspersky-Empfehlungen zum Schutz vor PseudoManuscrypt
Weitere Informationen zu PseudoManuscrypt sind verfügbar unter https://ics-cert.kaspersky.com/reports/2021/12/16/pseudomanuscrypt-a-mass-scale-spyware-attack-campaign/
[2] https://securelist.com/apt-trends-report-q3-2021/104708/
[3] https://securelist.com/lazarus-threatneedle/100803/
[4] https://threatpost.com/google-glupteba-botnet-lawsuit/176826/
[6] https://www.kaspersky.de/enterprise-security/managed-detection-and-response
[7] https://www.kaspersky.de/enterprise-security/industrial