X (ehemals Twitter) ist schon lange als wichtigste Quelle für Kryptobetrügereien berühmt und berüchtigt. Dabei wird häufig mit kompromittierten oder gefälschten Accounts von Prominenten oder bekannten Unternehmen operiert. Mittlerweile haben sich jedoch die allgegenwärtigen Meta-Plattformen Instagram, Facebook und WhatsApp ähnlichen Ruhm in einer anderen Disziplin erworben: Investitionsbetrug mithilfe von Deepfakes.
Kriminelle nutzen eifrig KI-Tools, um Fake-Videos von einflussreichen Personen aus der Finanzwelt zu produzieren. Die Hauptdarsteller sind gefälschte Manager, Fernsehmoderatoren und sogar Regierungsoberhäupter. Dann wird auf Social Media Werbung für die Videos gemacht. In diesem Artikel erklären wir, wie diese Konzepte funktionieren, wie Opfer durch solche Videos überlistet werden, welche Rolle WhatsApp dabei spielt und wie du solche Fallen rechtzeitig erkennst.
Instagram-Deepfakes und WhatsApp: Investitionsbetrug in Kanada
Wie diese Betrügereien funktionieren, lässt sich am besten an einem Beispiel erklären. Dazu nehmen wir eine aktuelle Kampagne, die es auf Bankkunden in Kanada abgesehen hatte. Die Angreifer begannen mit Instagram-Anzeigen unter dem Namen „BMO Belski“.
Die Abkürzung BMO war volle Absicht. Kanadische Nutzer assoziieren sie automatisch mit der Bank of Montreal, der ältesten Bank des Landes. Auch der Nachname Belski war kein Zufall: Brian Belski ist der leitende Investmentstratege der BMO und leitet das Anlagestrategieteam der Bank.
Die BMO Belski-Anzeigen zeigten KI-generierte Deepfake-Videos, in denen Belski die Zuschauer zu einer privaten WhatsApp-Gruppe zum Thema Investitionen einlud. Ahnungslose kanadische Nutzer sollten glauben, dass ein kompetenter Experte ihnen eine seriöse Finanz- und Anlageberatung bieten würde. Und dazu sollten die Nutzer einem WhatsApp-Chat beitreten, in dem allerdings Betrüger lauerten.

Eine Instagram-Anzeige für eine betrügerische Investorengruppe mit einem Deepfake von Brian Belski: Die Nutzer werden aufgefordert, einer privaten WhatsApp-Gruppe beizutreten. Quelle
Ein seltsames Detail: Der BMO Belski-Account, über den diese Anzeigen auf Instagram präsentiert wurden, hatte überhaupt kein Profil auf dieser Plattform. Die Anzeigen wurden über die Facebook-Seite von BMO Belski in Umlauf gebracht. Meta, das Unternehmen, dem beide soziale Netzwerke gehören, erlaubt Werbetreibenden, Instagram-Anzeigen von einer geschäftlichen Facebook-Seite aus aufzugeben. Ein separater Instagram-Account ist dafür nicht notwendig.
Ebenfalls interessant ist, dass die Facebook-Seite, über die die betrügerischen Anzeigen verbreitet wurden, seit dem 27. Oktober 2023 existierte und zuvor „Brentlinger Matt Blumm“ hieß – was immer das auch bedeuten mag. Vermutlich hatten die Betrüger den Account extra angelegt oder gestohlen und ihn dann für einige Jahre eingemottet, um bei Moderatoren keinen Verdacht zu erregen.

Die Anzeige mit dem Deepfake von Brian Belski wurde von einer Facebook-Seite aus auf Instagram aufgegeben. Meta erlaubt es, Anzeigen auf Instagram auch dann aufzugeben, wenn der Werbetreibende dort gar keinen Account hat. Quelle
Die Forscher wissen nicht genau, was in den privaten WhatsApp-Investitionschats vor sich ging, die durch den Deepfake beworben wurden. Es gibt auch keine Informationen über die Opfer der Anzeige mit dem gefälschten Banker und auch die dadurch verursachten Verluste bleiben im Dunkeln. Wir sprechen in diesem Artikel jedoch noch über ähnliche Fälle, die zumindest Hinweise auf die möglichen Folgen geben.
Betrüger geben sich als Chef-Kommentator für Wirtschaft bei der Financial Times aus
Vor einigen Monaten nutzten Betrüger in Großbritannien ein ähnliches Schema, bei dem ein Deepfake von Martin Wolf, dem Chef-Kommentator für Wirtschaft bei der Financial Times eingesetzt wurde. Ähnlich wie im Fall mit der kanadischen Bank verbreiteten die Betrüger Anzeigen auf Instagram, in denen ein gefälschter Martin Wolf zu seiner WhatsApp-Gruppe für Anlageberatung einlud.
Ein ehemaliger Kollege machte den Journalisten im März 2025 erstmals auf die Anzeige aufmerksam. Wolf forderte Meta sofort auf, die Anzeigen zu blockieren, da sie gegen mehrere Regeln der plattformeigenen Werberichtlinien verstießen. Nach einigem Hin und Her zog Meta eine der betrügerischen Anzeigen aus dem Verkehr. Wolf bekam aber bald weitere Hinweise auf ähnliche Videos.

Beispiel eines Investitions-Deepfake-Videos mit dem Financial Times-Journalisten. Das Video wurde von Betrügern auf Instagram gepostet. Quelle
Kollegen des Financial Times-Journalisten stellten fest, dass bei der Betrugskampagne mindestens drei verschiedene Deepfake-Videos und mehrere digital manipulierte Bilder von Martin Wolf verwendet wurden. Diese Materialien erschienen in über 1.700 Anzeigen bei Facebook und Instagram.
Laut Daten aus der Meta-Werbebibliothek erreichten diese Anzeigen mehr als 970.000 Nutzer in EU-Ländern (zu Großbritannien gibt es keine Daten). In der EU sind Plattformen gesetzlich zur Offenlegung solcher Informationen verpflichtet. Die Operation wurde mindestens von zehn Konten aus betrieben. Sobald Accounts gesperrt wurden, kamen neue Profile ins Spiel.

In nur sechs Wochen erreichte eine betrügerische Werbekampagne mit dem Deepfake eines Financial Times-Journalisten fast eine Million Nutzer allein in der EU. Quelle
Aber das Beste kommt noch! All das passierte, obwohl Martin Wolf in Metas neuem Gesichtserkennungssystem registriert war, das speziell dafür entwickelt wurde, diese Art von Inhalten automatisch aufzuspüren und zu entfernen. Der Journalist stellte zurecht die Frage, warum ein Großunternehmen wie Meta, das über riesige Ressourcen und KI-gestützte Tools verfügt, solche Kampagnen nicht erkennen und sperren kann – wenn schon nicht automatisch, dann doch wenigstens nach direkten Hinweisen. Ist das wirklich so schwierig?
Was passiert in betrügerischen WhatsApp-Chats: ein Fall aus Großbritannien
Die britische Büroleiterin Sarah erzählte, was in einer „exklusiven Community“ bei WhatsApp passierte, nachdem sie auf Betrüger hereingefallen war. Sie war einer WhatsApp-Gruppe beigetreten, nachdem sie eine Instagram-Anzeige mit einem Video von Peter Hargreaves gesehen hatte. Er ist ein Mitbegründer von Hargreaves Lansdown, der größten Investitionsplattform Großbritanniens. Richtig geraten: Auch dieses Video war ein Deepfake.
Nachdem Sarah den Betrügern ihre Telefonnummer gegeben hatte, wurde sie zu einer WhatsApp-Gruppe eingeladen. Danach erhielt sie einen Link, über den sie eine angebliche Investitions-App auf ihr Smartphone herunterladen sollte. Außerdem hieß es, ein „Mentor“ würde ihr Tipps geben, wann und zu welchem Preis sie am besten Aktien kaufen und verkaufen sollte, um Gewinn zu machen.
Zuerst legte sie nur 50 £ an, investierte aber bald immer mehr in die Wertpapiere, die in der WhatsApp-Gruppe empfohlen wurden. Sarah glaubte, die Investitionen gingen in kleine Start-ups und würden schnell Gewinn abwerfen. Schon nach zwei Wochen zeigte ihr Konto bei einer Gesamtinvestition von etwa 2.000 £ stolze 300 £ Gewinn.
Die Probleme begannen erst ein paar Wochen später, als Sarah den Gewinn auf ihr Bankkonto überweisen wollte. Es wurden Steuern, Abhebungs- und Verwaltungsgebühren gefordert. Sie zahlte brav, da sie überzeugt war, ihr Geld bald mit hohem Gewinn zurückzubekommen.
Als Sarah misstrauisch wurde, war es zu spät: Das ganze Geld war verloren. Die WhatsApp-Gruppe war weg, ihr „Mentor“ hüllte sich in Schweigen und die Investitions-App funktionierte nicht mehr. Und sowohl die investierten 4.000 £ als auch der erwartete Gewinn waren spurlos verschwunden.
Auf der Meta-Plattform wurden über 600 Anzeigen mit Deepfakes von Peter Hargreaves gefunden. Eine dieser Anzeigen hatte Sarah in die Fänge der Betrüger getrieben. Die Anzeigen wurden von 22 betrügerischen Konten geschaltet. Alle wurden im Mai 2025 gelöscht, nachdem Hargreaves Lansdown eine Klage wegen Markenrechtsverletzung eingereicht hatte.
Betrüger nutzten jedoch nicht nur Deepfakes von Peter Hargreaves und Martin Wolf, sondern fälschten auch andere Persönlichkeiten aus der britischen Finanzwelt. Dazu zählten unter anderem Anthony Bolton, ein ehemaliger Fondsmanager von Fidelity International, und Stephanie Flanders, eine frühere Ökonomin bei JP Morgan Asset Management.
Von The Wolf of Wall Street zu WhatsApp-Gruppen: Wie Pump-and-Dump-Strategien mit Deepfakes funktionieren
Cyberkriminelle verwenden Deepfake-Videos in Facebook- und Instagram-Anzeigen auch für andere Arten von Investitionsbetrug, die als Pump-and-Dump bekannt sind (übersetzt etwa „aufpumpen und wegwerfen“). In diesem Fall geht es um echte Wertpapiere, nicht um fiktionale Token in falschen Apps. Der Trick ist, dass die Kriminellen billige, unattraktive Aktien kaufen, um deren Preis in die Höhe zu treiben. Dann fahren sie aggressive Anzeigenkampagnen auf Social Media, die zu Investitionen aufrufen und den Nutzern rasche Gewinne versprechen.
Durch die gesteigerte Nachfrage steigt der Aktienkurs für eine Weile an, und immer mehr Leute investieren in der Hoffnung auf schnellen Profit. Sobald der Kurs einen Spitzenwert erreicht, stoßen die Betrüger ihre Aktien ab und machen sich mit dem Gewinn aus dem Staub. Danach stürzt der Kurs ab, und die Wertpapiere sind so gut wie wertlos.
Ein ähnliches Schema gab es schon lange, bevor sich Deepfakes etabliert hatten. Eines der bekanntesten Beispiele ist der Wertpapierhändler Jordan Belfort, der auch als Prototyp für den Helden aus The Wolf of Wall Street diente. In den frühen 1990er Jahren verkaufte sein Maklerunternehmen billige, unbekannte Aktien an Kunden, kurbelte die Nachfrage künstlich an und stieß sie dann zu einem überhöhten Preis ab.
Früher verließen sich Aktienmarktbetrüger auf ihr eigenes Image. Heute nutzen sie Deepfake-Technologien und den guten Ruf von Experten und berühmten Persönlichkeiten aus, um ihre Opfer zum Kauf zweifelhafter Wertpapiere zu überreden.
Ein Beispiel. In Israel wurde kürzlich ein Schema aufgedeckt, bei dem Kriminelle den Kurs der Aktien von Ostin Technology Group Co. Ltd. (OST) künstlich nach oben trieben. Dazu brachten sie Deepfake-Videos in Umlauf, in denen der Wirtschaftsjournalist Guy Rolnik, der Unternehmer Eyal Waldman und die Unternehmerin Shari Arison zu sehen waren. Die Betrüger traten auch unter dem Namen verschiedener Finanzinstitute auf. Darunter befanden sich die Börse von Tel Aviv, die israelische Finanzmarktaufsicht sowie die Bank Hapoalim und die Israel Discount Bank.
Die Betrüger verbreiteten auf Facebook und Instagram gefälschte Werbespots und luden wie beim vorherigen Schema Nutzer in WhatsApp-Gruppen ein. Die Mitglieder erhielten Ratschläge zum Kauf von OST-Aktien. Viel Überredungskunst war dazu nicht notwendig. Eine Google-Suche bestätigte schnell, dass die OST-Aktien tatsächlich stiegen.

Aufstieg und Fall: Die Aktie der Ostin Technology Group stieg um ein Vielfaches und brach dann um 95 % ein. Das waren die Folgen einer Betrugskampagne mit Deepfakes und Investitionschats in Israel. Quelle
Der Aktienkurs stieg über mehrere Wochen um ein Vielfaches an und erreichte einen Höchstwert von 9,02 US-Dollar. Danach brach der Kurs um 93 % ein und fiel auf 13 Cent. In zwei besonders gravierenden Fällen verloren die Opfer umgerechnet etwa 75.000 und 45.000 US-Dollar.
Meta kann Nutzer nicht vor Deepfakes schützen: ein Fall aus Australien
Betrügerische Anzeigen, die sich an das australische Facebook- und Instagram-Publikum richteten, verwendeten Deepfake-Videos von mehreren bekannten Persönlichkeiten, um betrügerische Investitionsschemata anzukurbeln. In diesen Videos waren der Fernsehmoderator und Wirtschaftsjournalist David Koch, die Milliardärin Gina Rinehart, der Naturschützer und Fernsehmoderator Robert Irwin und sogar der australische Premierminister Anthony Albanese zu sehen.

In einer betrügerischen Anzeige auf Facebook wirbt ein Deepfake des australischen Premierministers für Investitionen. Quelle
In einem Deepfake-Video schwärmte Anthony Albanese von einem Investitionsprogramm, das sagenhafte Renditen bei minimalem Kapitaleinsatz versprach. Die Links in den Deepfake-Videos mit dem Politiker und anderen Prominenten führten direkt zu einem gefälschten Nachrichtenartikel. Der Artikel enthielt Zitate von australischen Prominenten, die Krypto-Investitionen und andere Schemata für schnellen Reichtum empfahlen. Facebook-Nutzer wurden aufgefordert, sich für das Programm zu registrieren, damit die Betrüger sie zu Investitionen überreden konnten.
Wenn sich Nutzer über betrügerische Anzeigen beklagten, erhielten sie von Facebook die folgende Musternachricht:
„Wir haben die Anzeige nicht entfernt. Nochmals vielen Dank für deinen Hinweis. Diese Informationen helfen uns, die Integrität und Relevanz der Werbung auf Facebook zu verbessern. […]
Wir verstehen, dass dies möglicherweise nicht befriedigend ist. Darum empfehlen wir dir, die Anzeigeneinstellungen so anzupassen, dass nicht relevante Anzeigen ausgeblendet werden.“

Die Nachricht deutet darauf hin, dass Meta nicht besonders daran interessiert ist, betrügerische Werbung zu bekämpfen – auch nicht, wenn Nutzer versuchen, dem Unternehmen dabei zu helfen. Quelle
Kurz gesagt: Metas Bemühungen, Deepfakes und Investitionsbetrug auf seinen Plattformen zu bekämpfen, sind unzureichend. Trotz umfangreicher Ressourcen und KI-gestützter Tools gelingt es dem Unternehmen nicht, offensichtliche Fake-Videos, die prominente Personen ausnutzen, schnell zu identifizieren und zu sperren.
Solche Anzeigen erscheinen tagtäglich in den Feeds und sind bezahlte Werbung von scheinbar legitimen Konten, die aber in Wirklichkeit gefälscht sind. Facebook und Instagram profitieren letztendlich davon, dass diese Fake-Anzeigen verbreitet werden.
So vermeidest du es, zum Opfer von Deepfake-Anzeigen auf Instagram und Facebook zu werden
Um nicht auf zweifelhafte und betrügerische Anlageberater hereinzufallen, lautet unser wichtigster Rat: Triff keine finanziellen Entscheidungen, die auf Informationen aus Instagram oder Facebook basieren. Und noch einige Tipps:
- Vorsicht bei Anzeigen auf Social Media! Wie du an den Geschichten in diesem Artikel siehst, ist die Anzeigenmoderation auf Facebook und Instagram alles andere als ideal (das gilt auch für X).
- Vergiss nicht, dass es Deepfakes gibt! Bereits seit mehreren Jahren ist es möglich, Videos von bekannten Personen einfach, schnell und billig zu fälschen. Das solltest du im Hinterkopf behalten und alle Informationen, die aus unseriösen Quellen stammen, gründlich überprüfen.
- Erinnere dich an die goldene Regel für Investitionen: Je höher der mögliche Gewinn, desto größer das Risiko. Deshalb solltest du Investitionsschemata meiden, die angeblich hohe Gewinne bringen (aber in Wirklichkeit ein hohes Risiko haben). Es wäre einfach schade um dein Geld.
- Besondere Vorsicht gilt bei Angeboten, die schnellen Gewinn bei minimalem Einsatz versprechen. Dies ist eines der deutlichsten Merkmale von Betrug. Auch hier stimmt die Redensart: Nichts ist umsonst.
- Verwende nur zuverlässige Investitions-Apps von geprüften Finanzmaklern und aus offiziellen Stores. Download-Links, die du von Fremden über Messaging-Apps erhältst, verdienen keinerlei Vertrauen.
- Erzähle deiner Familie und deinen Freunden von diesen Betrügereien mit Deepfake-Videos. Dies trägt dazu bei, sie vor finanziellen Verlusten und damit verbundenen emotionalen Belastungen zu schützen.
In diesen Artikeln erfährst du mehr über Deepfakes:
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