Meldet dich dein Drucker bei der Polizei?

WiFi-Sensing erlaubt die Erkennung von Bewegungen in den eigenen vier Wänden – ganz ohne Kameras und Bewegungssensoren. Da diese Technologie immer populärer wird, wägen wir die Vor- und Nachteile ab.

Was ist WiFi-Sensing und wie erkennt es menschliche Bewegungen zu Hause?

Mithilfe von WLAN können Bewegungen von Personen (und Haustieren) im Haus verfolgt werden und es reichen bereits kleinste Gesten, wie etwa Handbewegungen, dafür aus. Theoretisch ist diese Anwendungsmöglichkeit von WLAN nichts Neues, allerdings beginnt man erst jetzt damit, diese auch im größeren Stil kommerziell verfügbar zu machen. So bieten etwa private Internetprovider diese Technologie mitsamt passender Hardware für das heimische Internet an. Und da eine Standardisierung von WiFi-Sensing im Rahmen zukünftiger WLAN-Standards nicht ausgeschlossen ist, sollte man über die Vor- und Nachteile zumindest mal gehört haben. Sehen wir uns also an, wie die Technologie funktioniert, ob sie ein Risiko für die Privatsphäre darstellt und wie man sie im Bedarfsfall deaktivieren kann.

So funktioniert WiFi-Sensing

Die Idee hinter WiFi-Sensing war ursprünglich nur ein Nebeneffekt der Bemühungen, die Effektivität von WLAN zu steigern. Moderne Router sind in der Lage, das Signal in Richtung der Geräte, mit denen Sie Daten austauschen, zu bündeln. Dies hilft, WLAN-Verbindungen schneller und zuverlässiger zu machen. Bei dieser als Wi-Fi Beamforming bezeichneten Methode misst der Router das Funksignal so genau, dass er nicht nur die Stärke des Signals, sondern auch dessen Ausbreitung im Raum bestimmen kann.  Basierend auf diesen Werten sendet der Router das Signal in Richtung des Geräts und verwendet die Informationen über den Status des Kommunikationskanals (Channel State Information – CSI), um die Verbindung kontinuierlich zu überwachen und zu justieren.

Wenn während eines Datenaustauschs irgendeine Störung zwischen dem Gerät und dem Router auftritt, beispielsweise durch vorbeigehende Personen oder einen Hund, wird die Form des Funksignals leicht geändert. Der Router wiederum ist empfindlich genug, um dies zu erkennen, und wird dadurch zum Bewegungssensor.

Was jetzt noch zu tun bleibt, ist die Entwicklung passender mathematischer Algorithmen, die Bewegungen im Haus aufgrund von CSI-Änderungen erkennen, und deren Integration in die Firmware des Routers. Und um die Daten und Analysen erkannter Bewegungen dem Benutzer anschließend mitzuteilen, sendet sie der Router über einen proprietären Cloud-Dienst an eine Handy-App des Benutzers. Dieses Übertragungsprinzip kennt man schon von smarten Türklingeln und Video-Babyphones.

Anforderungen und Einschränkungen von WiFi-Sensing

Damit man WiFi-Sensing wie vorgesehen nutzen kann, gilt es, einige technische Details zu beachten:

  • Der Router selbst muss über mehrere Antennen verfügen und mindestens WiFi 5 (802.11ac) beherrschen.
  • In den eigenen vier Wänden müssen sich (gewöhnlich bis zu drei) Geräte befinden, die nur selten ihren Standort ändern und über WLAN mit dem Router verbunden sind. Dies können beispielsweise Drucker, Smart-TVs und smarte Lautsprecher sein. Manchmal übernehmen auch WLAN-Extender und Geräte zum WLAN-Meshing die Rolle eines solchen „Sensors“.
  • Die Bewegungserkennung erfolgt nur innerhalb einer ovalen Zone zwischen dem Router und dem Sensor und es sind nach der Einrichtung weitere Tests erforderlich.
  • Wenn zwischen dem Router und einem Sensor eine Bewegung erkannt wird, kann man weder feststellen, was die Bewegung ausgelöst hat, noch wo genau sie stattgefunden hat. In dieser Hinsicht ähnelt die Technologie den Infrarot-Bewegungssensoren herkömmlicher Sicherheitssysteme. Eine neue Forschungsarbeit zeigt aber bereits, dass steigende Rechenleistung und weitere Fortschritte beim maschinellen Lernen diese Einschränkung obsolet machen könnten. Denn in dieser Studie nutzen die Wissenschaftler schon jetzt WLAN-Signale, um menschliche Körperhaltungen vorhersagen zu können.
Wenn ein Router über WLAN mit stationären Geräten verbunden ist, kann man innerhalb der ovalen Zonen Bewegungen erkennen.

Wenn ein Router über WLAN mit stationären Geräten verbunden ist, kann man innerhalb der ovalen Zonen Bewegungen erkennen.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des WiFi-Sensing

Als erste bekannte kommerzielle Anwendung der WiFi-Sensing-Technologie gilt das Aware-Feature der Linksys-Router. Bereits 2019 positionierte Linksys sein Aware als abonnementbasierte Funktion. Mitte 2024 wurde der Dienst jedoch eingestellt und mittlerweile verfügen Linksys-Router laut Hersteller über keinerlei proprietäre Anwendung mehr und erfassen auch keine Daten mehr.

Dafür bietet seit 2025 das US-Unternehmen Comcast über seine auf Heim-Internet spezialisierte Tochter Xfinity seinen Kunden diese Funktion wieder an. Dieses Mal hört sie auf den Namen Wi-Fi Motion. Auch die Deutsche Telekom hat eine solche Funktion bereits angekündigt, ihr aber noch keinen Namen gegeben. WiFi-Sensing dürfte in den kommenden Jahren ohnehin keine Seltenheit mehr sein: Seit 2020 wird unter dem technischen Namen 802.11bf an der Standardisierung der Funktion gearbeitet. Sobald die Bewegungserkennung in die Familie der 802.11-Standards aufgenommen wird, werden fast alle Anbieter diese auch unterstützen.

Die Vor- und Nachteile von WiFi-Sensing

Wenn der Dienst kostenlos angeboten wird, werden manche sicherlich die Chance nutzen, eine Heim-Überwachung ohne Ausgaben für zusätzliche Hardware zu bekommen. Es wäre zumindest für die Hausbesitzer interessant, die ihr Eigentum für kürzere Zeiträume wie etwa Urlaubsreisen gerne überwachen möchten.  Dabei sollte man jedoch bedenken, dass WiFi-Sensing kein Ersatz für ein vollwertiges Sicherheitssystem ist, und einen Aktionsplan für den Fall bereiten, wenn der Alarm wirklich losgeht. Außerdem sollte man beachten, dass die ovalen Zonen zwischen den Sensoren und dem Router keineswegs die einzigen Bereiche sind, in denen sich Diebe bewegen können. Es müssen daher auch andere Teile des Hauses abgesichert werden.

Eine andere und eher harmlose Anwendung von WiFi-Sensing ist die Überwachung alltäglicher Aktivitäten im Haushalt, beispielsweise um zu erfahren, ob die Kinder von der Schule zurück sind und es der Oma gut geht.

Auch im Bereich der Heimautomatisierung besitzt WiFi-Sensing ein gewisses Potenzial. So kann man etwa die Bewegungserkennung dazu nutzen, das Licht automatisch ein- und nach einer festgelegten Zeit der Inaktivität wieder auszuschalten. Doch schauen wir nun auf die Nachteile.

Die wohl größte potenzielle Gefahr der Technologie liegt darin, dass die Bewegungen in Häusern nicht nur von den Eigentümern überwacht werden, sondern auch andere Personen Zugriff auf diese Informationen bekommen könnten. In der Dokumentation von Xfinity kann man bereits nachlesen, dass die Daten zu erkannten Bewegungen im Rahmen von Gerichtsverfahren an die Polizei und weitere „Dritte“ übermittelt werden können. Und wenn der Anbieter die Daten der Bewegungssensoren sammelt und aufbewahrt, erscheint auch ein Verkauf dieser Daten an Werbetreibende nicht mehr allzu fern.

Eine weitere potenzielle Gefahr stellt das Hacking von Routern dar. Schon jetzt dringen Hacker in Router ein, um Benutzer auszuspionieren und auf verschiedenste Arten Geld zu machen. So besteht die theoretische Möglichkeit, dass Hacker die Bewegungsdaten im Haus analysieren und diese Informationen anschließend an „traditionelle“ Einbrecher verkaufen.

So schützt du dich vor WiFi-Sensing-Missbrauch

Bisher ist die Funktion nur auf einigen Router-Modellen verfügbar, die wiederum nur von bestimmten Internetanbietern vermietet werden. Auch auf den Geräten von Xfinity ist sie standardmäßig deaktiviert.

Wenn du zu denjenigen gehörst, die mehr Vorteile als Risiken sehen, musst du die Funktion zunächst selbst aktivieren, einrichten, testen und anschließend sicherstellen, dass deine Router-Konfiguration unseren Smart-Home-Sicherheitstipps entspricht. Um diese kurz zusammenzufassen: Das WLAN-Netzwerk und die Benutzeroberfläche des Routers müssen durch starke, einmalige Passwörter geschützt werden und alle Computer und Handys benötigen eine [placeholder Kaspersky Premium]vollwertige Sicherheitslösung[/placeholder] mit Smart-Home-Sicherheitsanalyse. Letztere erlaubt das Aufspüren von Schwachstellen im Netzwerk und das Erhalten von Benachrichtigungen, wenn Geräte versuchen, sich mit dem Netzwerk zu verbinden.

Aber was ist, wenn du WiFi-Sensing gar nicht verwenden möchtest? Da die Anzahl kompatibler Geräte zunimmt und das Risiko einer erzwungenen Aktivierung steigt, besteht deine erste Verteidigungslinie gegen WiFi-Sensing darin, einen eigenen Router einzusetzen, anstatt einen von einem Anbieter zu mieten. Anschließend kannst du den Router selbst einrichten und unnötige Funktionen deaktivieren. Achte jedoch darauf, dass sich das Modell deiner Wahl auch ohne mobile Apps steuern lässt und keine Verbindung zum Cloud-Dienst des Herstellers erfordert. Denke beim Einsatz deines eigenen Routers auch daran, unsere Tipps für ein sicheres Heim-Netzwerk anzuwenden.

Eine etwas aufwändigere Methode bestünde darin, alle deine stationären Geräte vom WLAN zu trennen und über ein Netzwerkkabel mit dem Router zu verbinden. Dies bietet nicht nur mehr Sicherheit für Drucker, Fernseher und Spielekonsolen, sondern stellt gleichzeitig die schnellste und stabilste Art der Verbindung dar.

Welche verborgenen Risiken und Chancen hat dein WLAN noch zu bieten? Unbedingt lesen:

Tipps

Privatsphäre in sozialen Medien – Stand 2025

In welchen sozialen Netzwerken bleiben deine Beiträge vorwiegend deinen Freunden vorbehalten? Welche Netzwerke verwenden deine Postings für KI-Training und gezielte Werbung? Wir untersuchen das aktuelle Privatsphäre-Ranking für populäre Social-Media-Plattformen.